Im dritten Projektjahr – Wo steht Projekt IPMaide?

Braunschweig | 23.11.2023 

 

Die Projektpartner JKI, LUH, iotec und GID arbeiten im Projekt IPMaide an der Entwicklung einer App zur Entscheidungsunterstützung in Sachen Schädlingsbekämpfung für den Einsatz im Gewächshaus. Darüber hinaus werden im Rahmen des Projektes bei den verschiedenen Projektpartnern drei Ansätze zum digitalen Schädlingsmonitoring untersucht und entwickelt, welche die App mit aktuellem Input aus dem Gewächshaus versorgen.

Im Rahmen des IPMaide Projekts wurde an der Leibniz Universität Hannover (Abt. Phytomedizin), als einer dieser Ansätze, das vollautomatische Monitoring von Schädlingen und Nützlingen im Gewächshaus optimiert und in Kooperation mit den Firmen iotec und GID in eine WebApp integriert.

Das Projekt steht kurz vor dem Abschluss. Ein guter Moment, um mal zu horchen, welche Erkenntnisse bei den unterschiedlichen Methoden zur Schädlingsdetektion gewonnen wurden und ob die App schon läuft.

Im Gespräch mit den Projektpartnern konnten wir viele interessante Einblicke gewinnen. Björn Grupe und Rainer Meyhöfer, Leibniz Universität Hannover, Institut für Gartenbauliche Produktionssysteme erläutern zur LED-Falle:

Zum Einsatz kamen neu entwickelte LED Monitoringfallen, um den Mehrwert im Vergleich zur weit verbreiteten Gelbtafel bzw. Blautafel zu charakterisieren. Die Ergebnisse zeigen, dass grüne bzw. blaue LED Fallen das Monitoring von Weißer Fliege an Tomate bzw. Blütenthrips an Gurke signifikant verbessern. Mit Hilfe der farbigen LED Fallen können die Schädlinge früher im Bestand detektiert werden und die Anzahl erfasster Insekten erlaubt eine präzise Bewertung der aktuellen Populationsdichte im Pflanzenbestand. Daher stellen LED Fallen eine sehr gute Basis zur Erfassung von Schwellenwerten und dem Einleiten von Bekämpfungsmaßnahmen dar. Durch die Kombination der blauen LED Falle mit dem Duftstoff Lurem-TR® konnte außerdem die Anzahl gefangener Thripse mit der LED Falle erhöht werden, wodurch sich auch die Vorhersagegenauigkeit verbessert.

Vor allem die blauen LED Fallen können zukünftig zum Massenfang von Thripsen weiterentwickelt werden, da im Vergleich zur Farbtafel bis zu 13-mal mehr Thripse gefangen werden. Prototypen autonomer LED Fallensystemen mit automatischer Insektenerkennung wurden in Kooperation mit iotec entwickelt und haben sich in ersten Tastversuchen in der Praxis bewährt.

Weitere Untersuchungen unter Praxisbedingungen sind erforderlich, um die betriebliche Integration sowie die Wirkung auf weitere Schädlinge und auf Nützlinge zu analysieren und die autonomen LED Fallensysteme effektiv in Entscheidungshilfesysteme zu integrieren.

 

LED Fallen

Dr. Elias Böckmann, JKI, Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und urbanem Grün berichtet zur Hyperspektralkamera:

Im Projektzeitraum wurden hyperspektrale Bilddatensätze von Einzelblättern und Einzelpflanzen von Paprika und Tomatenpflanzen erstellt. Die Pflanzen wurden einzeln in Netzkäfigen angezogen und entweder als Kontrolle ohne Infektion belassen oder im Fall von Tomate einmal mit Tomatenrostmilbe und einmal mit Gewächshaus-Weiße Fliege beimpft. Bei Paprika erfolgte die Beimpfung entweder mit der Grünen Pfirsichblattlaus oder dem Kalifornischen Blütenthrips Nachdem die getopften Pflanzen liegend von zwei Hyperspektralkameras mit einem Erfassungsspektrum von etwa 400 – 2500 nm aufgenommen wurden, erfolgten Aufnahmen der abgetrennten Einzelblätter von der Ober- und Unterseite. Zusätzlich wurden die Schadsymptome und Schädlinge auf Pflanzen und Blättern visuell erfasst und dokumentiert. In beiden Fällen wurde eine Unterscheidung von drei Klassen trainiert, je Kultur also von zwei verschiedenen Schädlingen und einer schädlingsfreien Kontrolle.

Die Datensätze unter kontrollierten Licht- und Hintergrundbedingungen erzielten hohe Erkennungsgenauigkeiten. Diese waren bei den Einzelblättern am Höchsten, aber auch eine Übertragung auf Einzelpflanzen unter kontrollierten Bedingungen erzielte noch aussagekräftige Ergebnisse. Gleichzeitig wurde eine mobile Messplattform entwickelt, die Fahrten mit gleichzeitigen Messungen im Gewächshaus im gewachsenen Pflanzenbestand ermöglicht. Mit dem entstandenen Bildmaterial wurde getestet, ob die entwickelten Algorithmen unter praxisnahen Bedingungen die trainierten Klassen unterscheiden können. Eine direkte Übertragbarkeit war jedoch nicht gegeben, so dass weiterer Forschungsbedarf besteht.

Hyperspektralkamera

Jelto Branding, JKI, Institut für Anwendungstechnik im Pflanzenschutz erläutert die Erkenntnisse zur Akustik:

Im Rahmen des Projektes IPMaide wurden neben einer Hyperspektralkamera und einer LED-Falle auch akustische Methoden zur Schädlingserkennung untersucht. In einem ersten Schritt wurde dafür ein umfangreicher Geräuschdatensatz erstellt. Der Datensatz umfasst über 1000 Stunden Aufnahmen von 12 verschiedenen Schad- und Nutzinsekten. Die Aufnahmen wurden mit speziellen Messtechnikmikrofonen in einer schallschützenden Box gemacht, um höchste Qualität zu gewährleisten.

Aus den Aufnahmen konnte ein Datensatz mit über 165.000, 2,5 s kurzen Soundschnipseln erstellt werden, der sich zum Training von KI-basierten Geräuscherkennungen eignet. Diese Labordaten der verschiedenen Insekten ließen sich dabei von den entwickelten Deep Learning Modellen beeindruckend gut unterscheiden. Durch das Vermischen der Laboraufnahmen mit Hintergrundgeräuschaufnahmen aus einem Gewächshaus konnten darüber hinaus Gewächshausbedingungen simuliert werden. Während die Erkennung lauter Insekten, wie etwa der Erdhummel, auch im Gewächshaus sicher funktioniert, stellt die Erkennung kleiner und leiser Insekten, wie etwa der Geflügelten Blattlaus, eine große Herausforderung dar. Interessanterweise konnte im Projekt jedoch gezeigt werden, dass die Nutzung mehrerer, dicht beieinander positionierten Mikrofone und die damit mögliche räumliche Filterung der Geräusche große Vorteile bringen kann. Durch die Veröffentlichung des umfangreichen Geräuschdatensatzes soll die zukünftige Forschung an der akustischen Erkennung von Insekten vorangetrieben werden.

Akustikfalle

Daniel Jahncke, GID GeoInformationsDienst GmbH beschreibt die entwickelte App:

Im Rahmen des IPMaide Projekts wurde durch die GID GeoInformationsDienst GmbH eine moderne WebApp für den integrierten Pflanzenschutz in Gewächshäusern entwickelt. In dieser GIS-gestützten Anwendung kann der Anwender notwendige Stammdaten, wie Gewächshäuser, manuell erfassen oder auf importierte und standardisierte Listen von Pflanzenschutzmitteln, Kulturen, Nützlingen oder Schadorganismen zugreifen.

Diese Daten ermöglichen den Nutzern die Erfassung von verschiedenen angebauten Kulturen in einem oder mehreren Gewächshäusern, in denen neben Zählungen von Schäd- und Nützlingen auch Pflanzenschutz-Maßnahmen geplant oder dokumentiert werden können. Durch die Integration von externen Datendiensten wie Hortipendium, PS-Info oder dem BVL-PSM Verzeichnis, werden dem Nutzer alle notwendigen Informationen in einer Anwendung gebündelt bereitgestellt. Zudem können Sensordaten aus bildgebenden, akustischen und hyperspektralen Messverfahren integriert werden, sodass beispielsweise der aktuelle Schädlingsbefall standortspezifisch ausgegeben werden kann. Die Anwendung wurde als progressive WebApp mit responsivem Design entwickelt, sodass sie auf dem Tablet und auch unter schlechten Empfangsbedingungen im Gewächshaus genutzt werden kann.

IPMaide Web-App